Die Stämme sind ca. 20 Tage alt und kommen von der Stadtförstnerei Zürich Nord
Date
15th August 2024
Author
Stefan Faller
Impfung von Pilzstämmen
Die Beimpfung von Pilzstämmen ist ein zentraler Schritt in der kontrollierten Pilzkultivierung und in der biotechnologischen Nutzung von Myzelien. Sie bezeichnet die gezielte Übertragung eines aktiven Pilzstammes auf ein geeignetes Nährmedium oder Substrat, um das Wachstum des Myzels einzuleiten und eine definierte Kultur zu etablieren.
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Ziel und Bedeutung der Beimpfung
Die Beimpfung dient der kontrollierten Etablierung einer reinen Kultur. Nur wenn das gewünschte Myzel dominante Wachstumsbedingungen erhält, können unerwünschte Mikroorganismen wie Bakterien, Schimmelpilze oder Hefen unterdrückt werden. In Forschung und Produktion ermöglicht eine standardisierte Beimpfung die Reproduzierbarkeit von Experimenten, die gezielte Charakterisierung von Stämmen und die sichere Übertragung von Kulturstämmen auf neue Substrate oder in industrielle Prozesse.
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Ausgangsmaterialien
Als Inokulum werden verschiedene Formen von Pilzgewebe oder Sporen verwendet. Sporensuspensionen eignen sich für genetisch vielfältige Populationen und Zuchtprogramme, während Gewebekulturen auf Agarplatten zur Klonierung und Erhaltung genetisch homogener Linien dienen. In der angewandten Mykologie, etwa in der Speisepilzproduktion, wird häufig Korn- oder Sägemehlbrut eingesetzt, um grössere Substratmengen zu beimpfen.
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Steriltechnische Voraussetzungen
Da Pilze in frühen Wachstumsphasen gegenüber bakterieller Kontamination empfindlich sind, erfolgt die Beimpfung unter sterilen Bedingungen, meist an einer Laminar-Flow-Werkbank der Sicherheitsstufe 1. Die Arbeitsfläche, Werkzeuge und Behälter werden mit 70 Prozent Ethanol desinfiziert. Skalpell, Pinzette und Impfnadel werden zusätzlich über einer Flamme sterilisiert. Die Expositionszeit des Substrats an der offenen Luft wird auf ein Minimum reduziert.
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Nährmedien und Substrate
Die Auswahl des Nährmediums beeinflusst sowohl das Wachstum als auch die Stoffwechselaktivität des Pilzes. Häufig werden Potato Dextrose Agar (PDA) oder Malt Extract Agar (MEA) für Laborversuche eingesetzt. Sterilisierte Getreidekörner wie Roggen oder Hirse dienen als Brutsubstrat, während organische Reststoffe wie Holzspäne, Kaffeesatz oder Laub zunehmend für nachhaltige und experimentelle Anwendungen genutzt werden. Feuchtigkeit, pH-Wert und Nährstoffzusammensetzung müssen an die physiologischen Anforderungen des jeweiligen Stammes angepasst werden.
Die Methode der Beimpfung hängt vom Aggregatzustand des Substrats und vom Ziel der Kultur ab. Bei der Agarübertragung wird ein Stück Agar mit aktivem Myzel auf eine frische Agarplatte gelegt. In der Flüssigimpfung wird Myzel aus einer Flüssigkultur mit einer sterilen Pipette auf das Substrat gegeben. Bei der Kornbrut-Beimpfung werden Körner mit aktivem Myzel unter sterilen Bedingungen in grössere Substratbeutel eingemischt. Nach der Beimpfung folgt die Inkubation unter kontrollierten Bedingungen wie Temperatur, Feuchte, CO₂-Gehalt und Licht, bis das Myzel das Substrat vollständig durchwachsen hat.
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Fazit
Die Beimpfung von Pilzstämmen verbindet mikrobiologische Präzision mit materialwissenschaftlicher Relevanz. Sie bildet die Grundlage für stabile Kulturen, reproduzierbare Forschungsergebnisse und innovative Anwendungen von Myzel in Ernährung, Architektur und nachhaltiger Materialentwicklung. Zukünftige Entwicklungen liegen in der Automatisierung der Beimpfungsprozesse, in der genetischen Charakterisierung von Stämmen und in der Integration sensorischer Überwachungssysteme während des Wachstums.
Verwendete Pilzdübelset




